Schein und Geldbörse
#KonjunkturCHECK mit Volkswirtin Bettina Hametner

Heute im Blickpunkt: Österreich besonders teuer

WARUM HIERZULANDE DIE INFLATION BESONDERS SPÜRBAR IST

In Österreich spürt man die Inflation deutlicher als etwa im deutschen Nachbarland. Gibt es so etwas wie einen „Österreich-Aufschlag“? 

Die Inflation ist global seit einiger Zeit deutlich erhöht. Und gerade in Österreich zeigte sie sich auch im März auf einem hartnäckig hohen Niveau. Lag die Rate im gesamten Euroraum bei durchschnittlich 6,9 Prozent, waren es in Österreich 9,2 Prozent. Grund genug, sich das Thema anzusehen.

Seit 2021 stieg die Verbraucherpreisinflation kontinuierlich an und erreichte 2022 Monat für Monat neue Höchststände. Der Höhepunkt dürfte im Jänner 2023 mit 11,6 Prozent überschritten worden sein. Im Jahresschnitt 2022 ergibt sich eine Inflationsrate von 8,6 Prozent.

Energie nicht mehr maßgeblicher Inflationstreiber

Die im Warenkorb hoch gewichtete Energie war in den letzten Monaten 2022 allerdings nicht mehr der Hauptpreistreiber. Seit November ist sie für weniger als ein Drittel des Inflationsanstiegs verantwortlich.

Zunehmend steigen die Preise in anderen Sektoren, allen voran Industriegüter, Dienstleistungen und Nahrungsmittel. Und diese Breite des Preisdrucks dürfte 2023 erhalten bleiben.

Erklärungsansätze

In Österreich liegt die Inflation teils deutlich über dem Euroschnitt. Warum ist das so? 

1. Hohe Gewichtung der Gastronomie und Hotellerie in Österreichs Warenkorb

Ein Schnitzel für unter zehn Euro? Ein kühles Bier um 3,50 Euro? Beträge aus vergangenen Zeiten. Die Teuerung spüren die Österreicher:innen auch im Gasthaus. Die touristischen und gastronomischen Dienstleistungen haben zuletzt einen vollen Prozentpunkt zu unserer Inflation beigetragen.

In Österreich spielt der Tourismus eine große Rolle. Demnach ist der Sektor mit elf Prozent im Warenkorb gewichtet, in Deutschland etwa nur mit knappen vier Prozent. Das heißt: selbst wenn die Preiserhöhung in beiden Ländern nominell gleich ausfallen würde, würde sich dies in Österreichs Inflation stärker bemerkbar machen. 

Schnitzel und Bier

Österreichs Regierung hat viel Geld in die Hand genommen, um die Inflation abzufedern. Klima- und Antiteuerungsbonus, Energiebeihilfen – die Liste lässt sich fortsetzen. Andere Länder haben hingegen öfter direkt in die Preisbildung (zum Beispiel Energiepreisdeckel) eingriffen, was die Inflationsrate dämpfte. Grundsätzlich muss man sich bewusst machen, dass höhere Staatsausgaben – da sie künstlich die Nachfrage hochhalten – tendenziell inflationstreibend wirken. 

Die gestiegenen Energiepreise belasten. Sie waren auch Basis für die Lohnverhandlungen, die zwar auf hohem Niveau, aber oft unter der Inflationsrate endeten. Österreich liegt hier über dem Euroschnitt, das ist aber nicht nur von Vorteil. Vor allem bei Dienstleistungen schlagen sich die Löhne auch schnell auf die Endverbraucherpreise durch.

So mancher hegte schon den Verdacht, dass Unternehmen ihre Preise stärker anheben, als sie aufgrund der gestiegenen Kosten müssten. Aber lässt sich das auch belegen? 

Die Antwort lautet: Ja. Eine Gruppe von Ökonom:innen der EZB hat genau das Ende März analysiert. Und laut ihr steigen sowohl Löhne als auch Profite kräftig an, letztere aber stärker. Gewinne trugen mehr als die Hälfte zum Preisdruck bei, wie es die Notenbank formulierte.  

Ein Problem ist auch, dass Preise wie Müllgebühren, GIS, Öffipreise oder Richtwertmieten inflationsindexiert sind. Hier hätte der Staat einen (bislang ungenutzten) Hebel, um die Inflation zu bekämpfen. 

Österreich vs. Deutschland - plus 13 Prozent

EZB/OeNB-Ökonom:innen errechneten kürzlich am Beispiel von Lebensmitteln und Drogeriewaren, dass das Preisniveau trotz grundsätzlicher Vergleichbarkeit in Österreich oft höher liegt als in Deutschland.

Da kulturelle, logistische oder Einkommensunterschiede vernachlässigbar sind und damit eigentlich das „Gesetz des gleichen Preises auf gleichen Märkten“ gelten müsste, dürften die Unterschiede historisch gewachsen sein und zu einer insgesamt höheren Zahlungsbereitschaft in Österreich geführt haben.

Obwohl viele Ketten in beiden Ländern aktiv sind und daher über zentralen Einkauf Mengenvorteile für beide Wirtschaftsräume gleichermaßen erzielen, liegen die Preise im Schnitt der untersuchten Warengruppen in Österreich um 13 Prozent über jenen in Deutschland.

#KONJUNKTURCHECK

Die Kategorie, in der alles rund ums Thema (Volks-)Wirtschaft beleuchtet wird. 

BIP, Notenbanken, Inflation, Arbeitsmarkt oder Immobilien: Einblicke gibt ab sofort regelmäßig unsere KonjunkturCHECKerin Mag. Bettina Hametner.

Die Volkswirtin ist seit 2007 die hauptverantwortliche Wirtschaftsanalystin von Raiffeisen Oberösterreich und ist außerdem als Trainerin und Referentin tätig. 

Mag. Bettina Hametner

Redaktionsschluss: April 2023

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02.05.2023 - Märkte